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«E.1027» des Schweizer Film-Kreativduos Beatrice Minger (Regie & Skript) und Christoph Schaub (Ko-Regie) ist eine stimmige, feinsinnig und klug inszenierte Doku-Fiktion: künstlerische Interpretations-Freiheit trifft auf Faktentreue und ganz erstaunliches Archiv-Material. Zuvorderst herzwarme Filmsequenzen mit der realen Eileen Gray (1878-1976).

Über ein Jahrhundert Zeit-, Sitten- und Kulturgeschichte hinweg spannt sich der Handlungsbogen. Narrativ abstrahlend von einem exzeptionellen Haus an der Côte d'Azur, in Roquebrune-Cap-Martin, wo schon bald nach dessen Fertigstellung 1929 ein rätselhaft-fatales Beziehungs-Drama im avantgardistisch bohémienhaften Architektur-und-Design-Milieu aufglimmte. Und wo sich dann, etwa mit dem 2. Weltkrieg und den darauffolgenden gesellschaftspolitischen Wandlungen bis in die Gegenwart hinein schier Unglaubliches abspielte – so Sachen «E. 1027»-Bewohner:innen, juristischer Manöver um Besitzerwechsel und -ansprüche, bis hin zu einem Kapitalverbrechen.

Narrativ im Fokus steht – in gepflegt inszeniert, famos gespielten Bühnen- und Vor-Ort-Szenen – die aussergewöhnliche EILEEN GREY, eine libertär-feministisch bewegte irische Aristokratin, die 1907 nach Paris zog und als Möbel-Designerin Karriere machte. Und als schöpferische Architektin die bis heute in der Aussen- wie Innenwahrnehmung faszinierenden Villa «E.2017» – ein auf Stelzen gestellter weiss-lichtiger Bau – direkt oberhalb der Meeresküste erschuf. Als intimer Rückzugsort für sich selber war er gedacht, doch Gray teilte das gestalterische Paradies für rund zwei Jahre mit dem rumänischstämmigen französischen Verleger und Architekten JEAN BADOVICI, mit dem sie damals eine geheimnisumwehte Partnerschaft verband.

Badovici wiederum war mit dem eigenwilligen schweizerisch-französischen Stararchitekten und Maler LE CORBUSIER bestbekannt, der bald im Refugium Gast wurde. Nach dem Wegzug Grays wandte er sich bald mit umstrittenen Umgestaltungs-Forderungen an den Hausherrn Badovici. Die er dann radikal umsetzte und damit eine bis ins Jetzt andauernde Architektur-Stil- und -Zweckdebatte begründete. Zu sehen ist im Film dazu einiges.

Das magistrale Opus von Minger und Schaub ist umflort von eleganter, herb-betörender bildformaler, musikalischer und inhaltlicher Schönheit. Und, auch das sei erwähnt, es kommt ganz ohne zusätzlich eingespielte Experten-Statements aus, denen in Dokumentarfilmen oft etwas Selbstgefälliges anhaftet. Umso anrührender, wie es in diesem poetischen Film-Bijou gelingt, die in der Offenlegung eigener biografischer Angelegenheiten sehr diskrete Künstlerin Eileen Gray – die trotz ihrer weltbekannten Design-Objekte fast in Vergessenheit geraten war – wie neu zu entdecken. Das ist wunderbar.

Ich wünsche Ihnen «bonne projection». Natürlich Im Kino!

 

Mehr Infos: https://www.filmcoopi.ch/movie/e-1027-eileen-gray-und-das-haus-am-meer